Abstract

by kuire posted April 6, 2012 category Nepali Spam

Wenn ich meinen Kalender zücke, dann sehe ich weiss auf blau, dass ich ziemlich genau seit zweieinhalb Monate in Nepal bin. Das ist genau die Hälfte von den maximal fünf Monaten, die ich mit meinem Visum in Nepal verbringen darf. Höchste Zeit also ein paar Zeilen zu tippen und mein Leben hier zu schildern.

Die ersten Wochen in Nepal bedurften einer grossen Anpassung. Nach meiner Rückkehr von Nicaragua hatte ich einen halben Monat Zeit mich für die neue Aufgabe vorzubereiten. Meist handhabe ich eine Reise so, dass ich ohne grossen Trommelwirbel abreise und dann mal weiter schaue. Dieses Mal habe ich mir vorgenommen unangenehmen Überraschungen präventiv entgegen zu treten. Trotz diesen Vorbereitungen habe ich ein kleines Detail übersehen. Die Häuser in Nepal sind generell nicht geheizt. Das heisst, auch wenn das Klimadiagramm von sehr angenehmen siebzehn Grad maximaler Tagestemperatur zu berichten weiss, heisst das erstens nicht, dass diese Wärme den Weg in die Häuser findet und zweitens, dass die Kälte der Nacht nicht ins Schlafgemach zu kriechen pflegt. Als erste Amtshandlung ging ich deshalb nach Thamel, die Touristenhochburg in Kathmandu, und habe mich mit einer Daunenjacke, einem Schlafsack, Handschuhen, Schal und Pulli eingedeckt.

Zwei Möglichkeiten der Kälte entgegen zu treten: Mit Tungba, einem heiss servierten tibetischen Bier (links), oder mit Kappe und Schal (rechts). Am besten eignet sich jedoch die Kombination der Beiden. Der Nepalese auf dem linken Bild ist Rajan, der voll und ganz erfüllt, was sein Name verspricht.

Fast ungebremst nahm ich die Arbeit in Tathali auf. Dieses Dorf liegt eine knappe Stunde Fussmarsch ausserhalb von Bhaktapur. Letzteres ist ein kleines, malerisches Städtchen eine halbe Busstunde entfernt vom grossen Bruder Kathmandu. Am Anfang ging es vor allem darum mich mit dem Kinderheim vertraut zu machen, die Leute und den Lebensrhythmus kennen zu lernen. Schon bald war ich daran Pumpraten zu messen, der Verbrauch von Wasserhähnen zu reduzieren, mit Verantwortlichen von Trinkwasseraufbereitungsanlagen zu verhandeln und das ganze System zu optimieren.

Das rote, das gelbe und das grüne Haus des Kinderheimes Tathali. Im Vordergrund der Zierrasen, auf dem wir gerne Fussball spielen.

Blick auf das rote Haus des Kinderheimes. Ich bin im grünen Haus untergebracht. Ich finde das passt ganz gut zu meinem Beruf.

(Fast) die ganze Bande versammelt im roten Haus.

Die Ankunft einer Ärztin, Anna Christe, abwartend bereitete ich mich langsam auf die Reise in die Abgeschiedenheit vor. Anna, die auch wie unser prominenter Arzt in Lausanne studierte, hatte einen freiwilligen Einsatz in Saipu vor sich. Mit dem Projektkoordinator von Kam for Sud, Rajan Shrestha, quetschten wir uns in aller Frühe in Kathmandu in einen Bus. Während den ersten Stunden kämpfte sich der Bus über gewundene, holprige Strassen in die Höhe und wieder hinunter in enge Täler. Dank des frühen Starts konnte ich die meiste Zeit schlummernd vorbei streichen lassen, bevor der Bus um zehn Uhr für das obligatorische Dhaal Bhaat stoppte. Langsam aber sicher machte sich die unzureichende Beinfreiheit bemerkbar. Die Kappe und den Schal um das gescheuerte Knie geschlungen (das andere konnte ich glücklicherweise in den Gang strecken) gewährte kurzzeitig Linderung. Nach acht Stunden Busfahrt und vielen Ankemödeli, hätte ich Rahm in meinem Gepäck gehabt, wäre ich eigentlich froh gewesen schon angekommen zu sein. Da wurde es aber erst richtig ungemütlich. Der Bus verliess die geteerte Strasse und wand sich langsam über eine Schotterpiste, die für mein Empfinden höchstens mit einem Gebirgstauglichen Aebi hätte befahren werden sollen. Nach aufzehrenden zwei Stunden kamen wir dann endlich in Dhobi an, wo wir von einem regelrechten Empfangskomitee begrüsst worden sind. Drei Schweizer Zivilisten begleitet durch die halbe Belegschaft der Schule in Saipu nahmen uns zu unserer Freude die mitgebrachten fünf Kilogramm Pasta, zweieinhalb Kilogramm Tomatensauce und Käse ab. Nach einem willkommenen zweistündigen Fussmarsch erreichten wir dann endlich Saipu.

Gerade rechtzeitig zum Sonnenuntergang erreichten wir Saipu.

Nachtessen für zwei Ziegen in Dhade.

Herz erwärmendes Mädchen in Saipu, das sichtlich Freude daran hatte für ein Foto zu posieren.

Mein Nepali Wortschatz umfasste zu dieser Zeit nicht viel mehr als Namaste (allgemeine Begrüssungsformel) und thorei (verhindert ein chronisches Überladen des Tellers). Ich war deshalb stark von Rajan abhängig, der alle meine Fragen geduldig übersetzte. Er hatte aber seinerseits auch viel zu tun und so wurde es zur organisatorischen Herausforderung meine Bedürfnisse irgendwo in den dicht bepackten Terminkalender zu quetschen. Es standen nämlich auch viele Feste auf dem Programm, auf denen unser Erscheinen sehr erwünscht war.

Zeremonie, die jedem blüht (im wahrsten Sinne des Wortes), wenn man eine längere Zeit in einem abgeschiedenen nepalesischen Dorf wie Saipu arbeitete.

Nach ausschweifenden Reden ziemlich erschöpft. Die vier Schweizer in Begleitung von Rajan Shrestha (ganz rechts) und Trilozan (hinten rechts). Patrick Wigger (neben Rajan) und sein Nachfolger Andreas Marberger (hinten links), Christoph Graf (ganz links) und ich.

Als nächstes stand eine Nepali Hochzeit auf dem Programm. Für die höhere Kaste gab es Fleisch mit Haut und Harren. Die restlichen Gäste mussten vegetarisch essen. Christoph versuchte vergeblich zu erklären, dass wir in der Schweiz auch zur tieferen Kaste gehören und deshalb lieber auf das Fleisch verzichten möchten.

Fest anlässlich des Todestages eines Familienmitgliedes.

Abgeschnitten von westlicher Diät ist ein kulinarischer Abstecher höchst willkommen. Fondue mit Kartoffeln und selbst geschnitzten Gabeln.

Irgendwie brachten wir es aber zustande die drei Kleinwasserkraftwerke zu begutachten. Das erste Projekt wurde von einem Zehntklässler betrieben. Auf meine Frage woher er denn wisse, wie man das Kraftwerk bediene sagte er, er habe es sich mehrheitlich selbst beigebracht und einmal habe ein Techniker ihm ein paar Sachen erklärt. Der arme musste praktisch jeden Abend mehrmals ins Betriebshäuschen eilen, um die Anlage wieder in Betrieb zu setzen, weil sie wieder vom Netz gesprungen war. Die regelmässigen Stromunterbrüche waren aber durchaus erklärbar. Die Art und Weise wie das Kraftwerk gebaut wurde lässt zu wünschen übrig. Zu meiner Erleichterung war das zweite Projekt in einem viel besseren Zustand und das dritte war sogar fast einwandfrei.

Der Betreiber des Wasserkraftwerkes auf dem Wasserschloss hockend. Dieses Bauteil ist die Ursache für vielerlei Probleme.

Rajan musste nach fünf Tagen schon wieder abreisen, weil er Besuch aus der Schweiz zu empfangen hatte. Ich blieb noch zwei Tage länger und kehrte dann mit zwei Zivis zurück nach Kathmandu. Christoph Graf (wie auch Patrick Wigger, der früher mit Rajan abgereist war) hatte seinen Einsatz zu diesem Zeitpunkt praktisch beendet. Der zweite Zivilist, Andreas Marberger, war seit zwei Wochen in Saipu, musste aber Zwangsferien einschieben, weil Prüfungen, Streiks und Schulferien die Arbeit verunmöglichten. Die Rückfahrt mit dem Bus war noch abenteuerlicher als die Hinfahrt. Insgesamt waren wir fast zwölf Stunden im Bus, zeitweise mit ein paar Kindern auf dem Schoss, weil der Bus so voll gestopft war.

Weil es keine freie Sitze mehr gab, das Dach und der Gang schon voll gepackt waren stellte Andreas seinen Schoss als zusätzlichen Sitz zur Verfügung.

Mitunter ein Grund für die langwierige Rückfahrt. Der Reifen hielt dem strapaziösen Fahrstil und den holprigen Strassen nicht stand.

Zurück in Tathali machte ich mich daran einen Bericht über die Kleinwasserkraftwerke in Saipu zu verfassen und wendete mich anschliessend wieder der Wasserknappheit in Tathali zu. Von hier aus unternahm ich dann hin und wieder kleinere Ausflüge in die nähere Umgebung.

Belebte Strasse in Kathmandu.

Irgendwo in einer kleinen Gasse in Kathmandu.

Patan. Da hatten noch andere die Idee mit Fässern ein Floss zu bauen.

Nepal (0) : Malediven (1).

So es ist vollbracht. Mein erster Blog-Eintrag ist endlich vollendet. Die Erstellung hat eine grosse Portion Geduld gebraucht. Letzteres habe ich meist nicht in rohen Mengen auf Vorrat. Ich arbeite aber daran den Lagerbestand längerfristig aufzustocken und da ist Nepal genau der richtige Spielplatz um das umzusetzen.

… Updates werden folgen.

10 Responses to Abstract

  1. Daniel. I can’t understand a damn thing, but you know, we always said that a picture is worth a thousand words. You look strong, healthy, and happy, and that means a lot to me. I wish you all the best in your travels and look forward to an email from you sometime in the near future! The world is surely in your grasp. – Justin

    • I hoped you would look at the pictures and realize that I am still alive. I just saw a picture of you on facebook. You too look very healthy and very strong indeed, haha. I am going to send an email your way, so stay put in the meantime.

  2. Deine Agenda ist weiss auf blau? Bringt das Glück? Lass dir nicht zuviele Kinder an Herzs wachsen, sonst bringst du noch welche mit nach Hause. 😉

    • Ob das Glück bringt weiss ich nicht, aber auf jeden Fall ist es energiesparend am Bildschirm. 🙂 Zu spät, ich werde alle mit nach Hause nehmen. Das ist nämlich auch eine elegante Lösung des Wasserproblems hier. Keine Kinder = kleiner Wasserverbrauch (die Eltern wären ja noch da) = keine Wasserknappheit = Aufgabe gelöst.

  3. darling! das sieht ja wunderbar aus bei dir. und ich finde justin hat voll recht: du siehst stark (vor allem stak. haha), gesund und happy aus. me likes. und die kinder darfst du gerne alle mitnehmen. ich helfe dir bei der erziehungsarbeit.
    loves you alooot.
    xxx

    • Super, ich war nämlich schon ein bisschen besorgt. So eine Kinderschar bringt nämlich auch eine Menge Arbeit mit sich, aber wenn du mir hilfst ist das gebongt… 🙂 Miss you my dear!

  4. ps: beim sonnenuntergang in saipu wäre ich also auch gerne mit dabei gewesen. u.a. um mit den ziegen genüsslich laub zu främseln.

  5. Hey bro!

    Heisses Bier?? Wäääääääh! Was trinkt man stattdessen?

    Gruss
    we miss you

  6. […] hatten, zur nahe gelegenen Mietwohunung von Christoph und Patrick (für Personenreferenzen siehe Abstract). Schon auf dem kurzen Weg mussten wir einigen Wasser- und Farbattacken ausweichen. Noch waren wir […]

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